Das wichtigste Kriterium zur Ermittlung der Qualität eines
Staatskonzeptes ist seine Nützlichkeit zur Beförderung des Wohles der im
Staat Lebenden, also des Gemeinwohles. Demokratie ist die Herrschaft
des Volkes und entspringt der Idee, dass dem Gemeinwohl durch
Mitbestimmung aller entscheidungsfähigen Bürger am besten gedient ist.
Die Vorzüge gegenüber undemokratischen Konzepten, in denen es keine, nur
eine schwach ausgeprägte oder nur eine scheinbare Mitbestimmung des
Volkes gibt, sind hinlänglich bekannt und geradezu offenkundig.
Allerdings können Demokratien je nach Ausprägung der Volksentscheidungen
völlig unterschiedliche Auswirkungen haben. Über eine sinnvolle
Gestaltung der direkten Demokratie möchte ich heute sprechen.
Es
gibt die Auffassung, nach der das Volk möglichst jedes politische
Problem durch Mehrheitsentscheidung löst. Politiker wären in einem
solchen System nurnoch für die ordnungsgemäße Abwicklung der
regelmäßigen Wahlen und die Organisierung der Exekutierung
resultierender Gesetze zuständig. Für ein solches Konzept gibt es den
Begriff der Ochlokratie, der “Pöbelherrschaft”, welche als Entartung der
Demokratie gilt. Es gibt nach meiner Meinung drei sinnvolle Grenzen für
die direkte Demokratie, die vor einer solche Entartung schützen und den
Rahmen für vernünftige Volksentscheide abstecken.
1) Der Schutz der Grundrechte:Volksentscheide
über Grundprinzipien des demokratischen Systems sollen nicht möglich
sein. Dazu zählen das Prinzip der Volkssouveränität und das Prinzip der
juristischen Gleichheit. Dies gewährt zum einen den Selbstschutz der
Demokratie, indem sich das Volk nicht als Souverän abwählen kann und
dadurch den Weg für undemokratische Konzepte ebnet, zum anderen den
Schutz des Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz.
2) Der Schutz der Minderheit:Mehrheitenentscheidungen
über die Belange von Minderheiten sollen nicht möglich sein.
Angelegenheiten, die nur Belange und damit nur das Wohl einer Minderheit
betreffen und deren Regelung auf das Wohl der Mehrheit der Bevölkerung
keine Auswirkung hat, sollen nicht durch das ganze Volk entschieden
werden. Ein Beispiel für eine solche Angelegenheit ist die zurzeit
diskutierte Ehe für homosexuelle Paare. Ihre Regelung hat nur
Auswirkungen auf das Wohl ebendieser, weshalb ein Volksentscheid zu
diesem Thema eine unvernünftige Verfehlung wäre.
3) Der Schutz der Sachlichkeit:Volksentscheide
über für Laien nicht in ihrer Gänze begreifbare Probleme sollen nicht
möglich sein. So gibt es etwa in der Wirtschaft Fragestellungen, mit
denen man sich im Grunde hauptberuflich beschäftigen muss, um sie
mitsamt aller komplexen Zusammenhänge soweit zu erfassen, dass eine
fundierte Entscheidung getroffen werden kann.
Die Beachtung dieser
drei Punkte verhindert, dass Demokratie zu einer Herrschaft der
Unvernunft und des Eigensinns ausartet. Das Volk wählt also Politiker
als Repräsentanten, die mit der Aufgabe betraut werden, sich mit voller
Bereitschaft für das Gemeinwohl einzusetzen und sich mit jenen
Entscheidungen zu beschäftigen, die die Bevölkerung aus genannten
Gründen nicht selbst treffen sollte. Wünschenswerterweise halten
Politiker in schwierigen Fragen Rücksprache mit Experten und handeln
nach bestem Gewissen und mit persönlicher Distanz zum Thema. Eine
Schwierigkeit der Demokratie ist es aber, dass der Volkswille entgegen
dem demokratischen Ideal nicht immer jene Entscheidung wiederspiegelt,
die nützlich ist, das Gemeinwohl zu befördern.
Das Volk denkt nicht
nachhaltig, ist in der Mehrheit unvernünftig und hat eine schwache
soziale Solidarität. Ein Politiker sollte, sobald er gewählt wurde,
einzig und allein nur dem Gemeinwohl dienen und in seinem Handeln und
Tun in Hinblick auf eine Wiederwahl nicht ständig damit beschäftigt zu
sein, der wählenden Mehrheit der Bürger zu gefallen. Er sollte sich für
die Belange von politischen Minderheiten, aber auch für die Belange von
zukünftigen Generationen einsetzen und wird daher in seiner Amtszeit die
eine oder andere Entscheidung gegen den Volkswillen treffen müssen.
Der
wählende Bürger sollte sich schließlich dieser Tatsache allseits
bewusst sein, dass die Wahl der Repräsentanten bloß richtungsweisend ist
und diese bei der Ausübung ihres Amtes frei nach ihrem Wissen und
Gewissen handeln sollten und handeln werden.
Autor
Markus Hittmeir ist 21 Jahre alt, hat bereits ein Buch veröffentlicht und schreibt in seinem Blog "Nachtliteratur" großartige Kurzgeschichten und tagesaktuelle Texte.
teilweise stimme ich diesem Beitrag zu.
AntwortenLöschenPersönlich bevorzuge ich zur Lösung der beschriebenen Komplexität das Modell Liquid Democracy.
Eines ist jedoch eine politische Partei oder Bewegung nicht: Allen in der Bevölkerung verpflichtet.
Denn durch die notwendigen unterschiedlichen Vorstellungen einer Gesellschaftsordnung kann man derzeit mit der Wahl einer Partei oder eiones Politikers lediglich die idealistische richtung vorgeben.
Und diese richtung zu halten, dazu sind die gewählten Mandatare verpflichtet.
Während also linksorientierte eher zu Gleichmacherei und zentralistischer Regierung drängen, bevorzugt die Gegenseite mehr Freiheiten und Eigenverantwortung des /der Einzelnen. Mit weniger Kollektiv.
Daraus einen Kompromiss zu schmieden - dies ist Aufgabe aller Politiker!
In Österreich hat man dieses Weg verlassen.