3. Februar 2013

Zu politischen Tänzen

Vorgestern fand in der Hofburg der von der Freiheitlichen Partei Österreichs organisierte Akademikerball statt. Ich betrachte dieses Ereignis und sein Stattfinden mit ausgesprochenem Desinteresse und hätte dazu prinzipiell nichts zu äußern, würde es nicht mit einer Reihe von Konsequenzen einhergehen.

Die FPÖ betonte mehrmals, dass der Ball eine unpolitische Veranstaltung sein würde. Dies zu glauben fiel aber tatsächlich schwer, besonders im Angesicht der Tatsache, dass er von einer politischen Partei angemeldet und von zahlreichen bekannten rechtsextremen Persönlichkeiten besucht wurde. Daher hatte man den Ball im Vorfeld heftig kritisiert und gestern wurde er auch von Demonstrationen begleitet, die in Verletzungen und Verhaftungen ihr Ende fanden.

Während nun eine Seite argumentiert, dass friedliche Demonstranten von Ballgästen attackiert worden wären und dass es unbegründete Festnahmen gegeben hätte, macht die andere deutlich, dass sich die Protestierenden grundsätzlich gewaltbereit gezeigt hätten und die Reaktion der Polizei darauf ungenügend gewesen wäre. Am heutigen Tage spürt man jedenfalls, dass die Fronten auf allen Seiten verhärtet sind. Es sei dahingestellt, ob man ihn politisch oder unpolitisch nennen möchte; der Akademikerball und alle damit in Verbindung stehenden Ereignisse wurden instrumentalisiert, um das Fehlverhalten des politischen Gegners aufzuzeigen und zu kritisieren.

Heute will jeder mit seiner Auffassung der Dinge im Recht sein. Und ohne gestern anwesend gewesen zu sein oder die Berichterstattung in aller Ausführlichkeit verfolgt zu haben, möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich mir einer Sache sehr gewiss bin: So wie die einen das Recht haben, einen Ball zu feiern, haben die anderen das Recht, dagegen zu demonstrieren. Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen aber hat meist jeder nur irgendwie Recht, daher niemand.

Um einen Eindruck zu gewinnen, habe ich mir vorhin einige Videos angesehen. In einem davon wurde eine Frau auf dem Weg zum Ball bespuckt. Polizisten haben junge Leute niedergeprügelt. Menschen sind mit seltsam militärischer Kleidung und gesichtslos durch die Straßen marschiert und haben alle dasselbe gerufen, während im Hintergrund Geschosse explodierten. Dann sind sie ganz ruhig am Boden gesessen und haben irgendwelche Lieder gesungen.

Ich empfinde beim Betrachten dieser Bilder keine Solidarität für irgendeinen der Akteure, nicht für die Ballbesucher mit ihrer Gesinnung, deren Gesellschaft ich nur mit großer Mühe ertragen könnte, nicht für die Polizisten, die ihre Macht bewusst oder unbewusst missbrauchen, und auch nicht für die Demonstrierenden, selbst für die friedlichen nicht. Die Bilder dieser riesigen Ansammlung von Menschen sind mir hochgradig zuwider und ich kann mir ebensowenig vorstellen, wegen diesem Ball in einer solchen Meute mitzulaufen, wie an demselben teilzunehmen.

Doch dies sind nur meine persönlichen Gefühle, die ich beim Ansehen von Aufnahmen aus einseitiger, wenn auch jeweils unterschiedlicher Perspektive empfunden habe. Mir ist selbstverständlich bewusst, dass sich ein derart pauschales Urteil über die Ballbesucher nicht fällen lässt, auch nicht über die Polizisten oder über die Menge derjenigen, die demonstriert haben. Schön wäre es, wenn alle Beteiligten dieses Bewusstsein teilen würden. Dann hätte man vermutlich weder Verletzungen noch Verhaftungen zu beklagen, allerdings gäbe es auch keinen Groll auf allen Seiten, den Politiker bedienen können.

All die Geschehnisse um diesen Ball haben es wieder ein wenig schwieriger gemacht, dass in Österreich vernünftige Politik stattfinden kann. Die Schuld dafür wird ja immer gerne allein dem anderen gegeben. Ich möchte den Leser, sofern er sich nicht sowieso als Außenstehenden sieht, darum bitten, dies in aller Ehrlichkeit mit sich selbst einmal nicht zu tun.

Autor
Markus Hittmeir veröffentlicht seine Texte in seinem Blog, aber dankenswerter Weise auch hier auf der Plattform. Besonders hinweisen möchten wir auf seine großartigen Kurzgeschichten und sein kürzlich erschienenes, erstes Buch.

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